Was ist ISO 15118?
ISO 15118 ist ein internationaler Kommunikationsstandard für Elektrofahrzeuge (EVs), Ladepunkte (CPs) und Ladepunkt-Managementsysteme (CPMS). Er definiert eine sichere und zuverlässige Methode für diese Geräte, um Authentifizierungs- und Autorisierungsdaten, Ladeparameter und Abrechnungsinformationen auszutauschen.
Anwendungen von ISO 15118
Authentifizierung, Autorisierung und Plug & Charge
Ladepunkte (CPs) mit ISO 15118-Unterstützung ermöglichen es Ladepunktbetreibern (CPOs), E-Autofahrern ein nahtloseres und sichereres Ladeerlebnis zu bieten. Das Protokoll schafft hierfür eine zuverlässige Kommunikationsumgebung zwischen dem Elektrofahrzeug, dem Ladepunkt und dem zentralisierten Backend-System – dem Ladepunkt-Managementsystem (CPMS) – zur Verwaltung von Ladegeräten und Ladenetzwerken.
Im typischen Szenario können Fahrer den Ladevorgang erst starten, nachdem sie sich selbst und ihr Fahrzeug authentifiziert haben. Diese Authentifizierung erfolgt beispielsweise über eine App, eine RFID-Karte oder eine andere Methode. Anschließend entscheidet das Backend-System anhand vordefinierter Kriterien, ob der Ladevorgang autorisiert wird oder nicht.
Der Zweck dieses Datenaustauschs besteht darin, dass das CPMS weiß, welcher Fahrer welches Fahrzeug lädt, ob dieser Fahrer berechtigt ist, diesen spezifischen Ladepunkt zu nutzen, und wer die Rechnung für die Ladesitzung erhalten soll. Auch wenn Authentifizierung und Autorisierung innerhalb weniger Sekunden ablaufen, ist die manuelle Authentifizierung für den Fahrer dennoch ein zusätzlicher Aufwand.
ISO 15118 vereinfacht diesen Prozess durch die Plug & Charge-Funktionalität. Wie der Name schon sagt, können EV-Fahrer einfach den Stecker anschließen, und die Autorisierung sowie Authentifizierung erfolgen automatisch. Möglich wird das, weil das Fahrzeug nach der einmaligen Einrichtung die Fahrerinformationen speichert und diese beim Anstecken automatisch an den Ladepunkt übermittelt – sodass der Ladevorgang sofort beginnen kann.
Ohne zu sehr ins Detail zu gehen: Die Informationsübertragung wird von einer Public-Key-Infrastruktur (PKI) verwaltet. Dieses sichere System zur Verwaltung öffentlicher Schlüssel nutzt Hardware, Software und organisatorische Prozesse, um sensible Daten zu erfassen, zu speichern und zu verwalten.
Smart Charging und V2G
Zusätzlich zu den bereits besprochenen Funktionalitäten ermöglicht ISO 15118 erweiterte Ladefunktionen wie Smart Charging und Vehicle-to-Grid (V2G). Letzteres erlaubt einen bidirektionalen Energieaustausch zwischen dem Stromnetz und V2G-kompatiblen Elektrofahrzeugen. Normalerweise fließt der Strom nur in eine Richtung – vom Netz zum Ladepunkt (CP) und weiter zum Fahrzeug. Mit V2G kann Strom jedoch in beide Richtungen fließen.
Wenn V2G-fähige Elektrofahrzeuge und Ladepunkte verbunden sind, kann das Fahrzeug die in seiner Batterie gespeicherte Energie zurück an die Ladestation und ins Stromnetz einspeisen. Auf diese Weise kann das Netz einen höheren Energieverbrauch bewältigen, ohne auf zusätzliche Spitzenlastkraftwerke angewiesen zu sein.
Letztere bezeichnen Kraftwerke, die nur bei hoher Stromnachfrage kurzfristig zugeschaltet werden. Der Nachteil dabei ist, dass diese Zusatzproduktion einerseits zu höheren Strompreisen führt und andererseits häufig auf nicht nachhaltige Energiequellen wie Kohlekraftwerke zurückgreift. Die Nutzung der in EV-Batterien gespeicherten Energie reduziert oder beseitigt diesen Bedarf und fungiert zugleich als Speicher für überschüssige nachhaltige Energie.
Im Bereich des EV-Ladens ermöglicht Smart Charging eine bidirektionale Kommunikation zwischen Fahrzeug und Ladepunkt, um Ladegeschwindigkeit und Ladezeitplan festzulegen. Einfach ausgedrückt übermittelt das Fahrzeug Daten darüber, wie viel Energie es bis wann benötigt. Der Ladepunkt berechnet daraufhin, wie viel Strom er wann abgeben muss, um den gewünschten Ladezustand (State of Charge, SOC) termingerecht und effizient zu erreichen.
Datensicherheit
Datensicherheit ist ein zentraler Aspekt beim Laden von Elektrofahrzeugen. Der Datenaustausch innerhalb des EV-Ökosystems wird durch kryptografische Schutzschichten abgesichert, die zusätzlich zu Hard- und Softwarelösungen eingesetzt werden. ISO 15118 verfügt jedoch über integrierte Sicherheitsmaßnahmen, wodurch eine nachträgliche Absicherung der Datenübertragung nicht erforderlich ist. Das Protokoll gewährleistet Datenschutz auf mehreren Ebenen – durch Authentifizierung, Autorisierung und Datenverschlüsselung.
Bedeutung von ISO 15118
ISO 15118 gehört zu den wichtigsten Standards für die kontinuierliche Weiterentwicklung der EV-Ladebranche. Dieses Kommunikationsprotokoll ist ein sicheres, zuverlässiges und international anerkanntes Instrument, das mit zahlreichen Hardware- und Softwarelösungen sowie Ladegeschwindigkeiten von Elektrofahrzeugen kompatibel ist. Hinzu kommt die wachsende Bedeutung dieses Protokolls im Zuge der zunehmenden Verbreitung netzstabilisierender Technologien.
Praxisbeispiele für ISO 15118
Hier sind einige praktische Beispiele dafür, wie ISO 15118 eingesetzt werden kann:
- Ein Elektrofahrzeug kommt an einer öffentlichen Ladestation an. Das Fahrzeug und die Ladestation kommunizieren über ISO 15118. Das EV sendet der Ladestation seinen SOC (State of Charge), also den aktuellen Ladezustand der Batterie in Prozent.
Die Ladestation kommuniziert außerdem mit einem Backend-System, das die Ladeinfrastruktur verwaltet. Dieses berücksichtigt die aktuelle Netzlast und legt die optimale Ladeleistung für das Fahrzeug fest.
Auf Basis dieser Informationen vereinbaren die Ladestation und das Fahrzeug einen Ladeplan. Die Station kann entweder sofort mit dem Ladevorgang beginnen oder ihn verzögern, bis das Netz weniger stark ausgelastet ist. Während des gesamten Ladevorgangs bleiben EV und Ladestation in Kontakt, um bei Bedarf die Ladeleistung anzupassen – etwa bei Änderungen der Netzlast oder wenn der SOC einen bestimmten Wert erreicht.
- Setzen wir das vorherige Beispiel mit Plug & Charge fort: Das EV wird an die Ladestation angeschlossen.
Das Fahrzeug und die Ladestation kommunizieren über ISO 15118. Das EV sendet der Ladestation seine Identitätsdaten zur Autorisierung. Die Ladestation überprüft die Identität des Fahrzeugs und genehmigt den Ladevorgang. Die Ladesitzung startet automatisch – ganz ohne Benutzereingriff.
Damit dieser Prozess funktioniert, muss der EV-Fahrer zuvor einmalig eine Einrichtung vornehmen und persönliche sowie Abrechnungsinformationen hinterlegen. Diese Informationen werden dann bei jeder Plug & Charge-fähigen Ladesitzung verwendet.
- Im Zusammenhang mit V2G können Energieversorger ihre Stromtarife optimieren, indem sie während Zeiten hoher Nachfrage auf die Batteriekapazität von EVs zurückgreifen, anstatt zusätzliche Energiequellen zu nutzen. In bestimmten Fällen zahlen Versorgungsunternehmen sogar Geld an Nutzer, die an V2G-Ereignissen teilnehmen – zum Beispiel, wenn Fahrer Strom in das Netz einspeisen oder ihre Fahrzeuge zu Zeiten mit geringer Energienachfrage laden.
Zusätzliche Informationen zu ISO 15118
- ISO 15118 wurde von der International Organization for Standardization (ISO) und der International Electrotechnical Commission (IEC) entwickelt. Das bedeutet, dass das Protokoll auf dem Fachwissen zweier weltweit führender Normungsorganisationen basiert.
- Aufgrund seiner Skalierbarkeit und des hohen Wachstumspotenzials streben Anbieter von EV-Software und -Hardware danach, ihre Lösungen ISO-15118-konform zu gestalten.
- Die aktuellste Version ist ISO 15118-20. Diese Version bringt mehrere Verbesserungen mit sich, darunter die Unterstützung von V2G, erhöhte Sicherheit und eine bessere Interoperabilität.
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